Gedenkfahrt 02.08.2024 – 04.08.2024
Kultur und Integration Rheinland-Pfalz e. V. hat vom 02.08.2024 bis 04.08.2024 ihre erste Gedenkfahrt in die ehemaligen Lager Ravensbrück und Sachsenhausen mit zwei Gruppen absolviert.
Eine Gruppe mit 15 Teilnehmer*innen wurde vom Land Rheinland-Pfalz zur Förderung der Kultur und der Sprache Romanes der deutschen Sinti und Roma (VV Förderung Sinti und Roma), die zweite Gruppe von der Stadt Koblenz im Rahmen des Förderprogramms „Demokratie leben! Partnerschaften für Demokratie“.
Am Freitag früh haben wir unsere Gedenkfahrt am Koblenzer Hauptbahnhof gestartet und haben noch 7 Teilnehmer*innen in Mainz eingesammelt. Nach einer kleinen Odyssee mit der Deutschen Bahn sind wir dann gegen Mittag in unserem Hotel in Berlin angekommen und konnten unsere Zimmer für die nächsten zwei Nächte beziehen.
Als erste Punkte unserer Fahrt haben wir das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas und das Denkmal für die ermordeten Juden Europas in der Nähe des Reichstagsgebäudes besucht und gemeinsam gedacht. Ein gemeinsames Gedenken mit verschiedenen anwesenden Gruppen von Sinti & Roma am Denkmal wurde von einem Teil der Teilnehmer*innen mit dem 1. Vorsitzenden, Herrn Marlon Reinhardt durchgeführt. Der Abend ist dann nach einem gemeinsamen Abendessen recht bald ausgeklungen.
Foto: Heinrich Reinhardt
Der nächste Morgen ist dann direkt mit einer großen Umplanung verbunden gewesen. Im Großraum Berlin gab es einen Anschlag auf ein Umspannwerk der Deutschen Bahn und wir entschieden uns vom Vorstand aus, eine Abordnung mit einem gemieteten Autos nach Ravensbrück zu senden, um unser Versprechen gegenüber der Stadt Koblenz und der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück einzuhalten. Der 1. Vorsitzende und Mitglied des Stadtrates der Stadt Koblenz, Herr Marlon Reinhardt, legte für die Stadt ein Gesteck zur Erinnerung an die aus Koblenz deportierten Sinti & Roma ab.
„Heute hatte ich erneut die Möglichkeit, das Konzentrationslager Ravensbrück und dessen Gedenkstätte zu besuchen. … Im Namen unserer Stadt habe ich einen Kranz gegen das Vergessen an der gestifteten Tafel niedergelegt. Dieser symbolische Akt soll uns daran erinnern, dass wir die Verantwortung tragen, die Erinnerung an die Opfer wachzuhalten und aus der Geschichte zu lernen. Die Erinnerung an die Gräueltaten der Vergangenheit ist entscheidend, um solche Verbrechen in der Zukunft zu verhindern.“, so Marlon Reinhardt.
Fotos: Marlon Reinhardt
Zum Abschluss hatten wir noch die Gelegenheit, mit unserem Guide Kai im internen Museums-Café noch Adressen und persönliche Eindrücke auszutauschen. Wir vereinbarten vom Verein aus, dass wir im engen Kontakt – gerade wegen verschiedener Familiengeschichten – bleiben, um gemeinsam die Geschichten der inhaftierten Sinti & Roma in Erinnerung zu halten.
Nach dem gemeinsamen Abendessen haben wir die Gelegenheit gehabt, unsere gewonnenen Eindrücke der letzten Tage in der Lobby des Hotels nochmals untereinander auszutauschen. Alle Bilder wurden im Büro gesammelt.
Der nächste Tag war nach dem Frühstück, Check-out und der gemeinsamen Rückfahrt über Frankfurt und Mainz ohne weitere Verzögerungen und Ankunft gegen 17.00 Uhr in Koblenz verplant.
Als Fazit aus der gelungenen Gedenkfahrt müssen wir resümieren, dass das angestrebte Programm für die Dauer des Aufenthaltes viel zu knapp bemessen ist, vor allem ist dies der Mobilität sowohl der Teilnehmer*innen als auch der doch erschreckend schlechten Situation des ÖPNVs an den Gedenkstätten geschuldet. Vom Verein „Kultur und Integration Rheinland-Pfalz e. V.“ haben wir uns entschlossen, bei erneuter Gedenkfahrt nur eine Gedenkstätte zu besuchen, das aber umso intensiver. Der Nutzen und das Wissen sind für die Teilnehmer*innen um ein Vielfaches größer. Die Intensität und die Möglichkeit der Nachfrage lässt auch Fehler in der Erzählkultur der Sinti & Roma schwinden. Ein Bericht oder Film im Vorfeld der Gedenkfahrt könnte die Teilnehmer*innen auf diese vorbereiten.
Andreas Bettingen
Kultur und Integration Rheinland-Pfalz e. V. führt vom 02. – 04.08.2024 die erste Gedenkfahrt zu den Gedenkstätten Ravensbrück und Sachsenhausen durch.
Nach der Einweihung der Gedenktafel in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück im August 2023 mit der Stadt Koblenz hatte sich großes Interesse und Anfragen seitens der Sinti & Roma und Koblenzer Bürger ergeben. Insgesamt nehmen 23 Teilnehmer*innen an der Gedenkfahrt teil.
Die Fahrt startet mit der Abfahrt des Zuges am 02.08.2024 um 06.06 Uhr in Koblenz und endet mit der Rückkehr am 04.08.2024 um 18.56 Uhr. Wir bedanken uns beim Kultur- und Schulverwaltungsamt der Stadt Koblenz für Ihre Unterstützung.
Besucht werden das Denkmal für die im Nationalsozialismus ermordeten Sinti und Roma Europas in Berlin sowie die Gedenkstätten Ravensbrück in Fürstenberg (Havel) und Sachsenhausen in Oranienburg. Wer sich noch auf eigene Kosten anschließen möchte, kann sich gern im Büro in der Görresstraße 10, 56068 Koblenz, unter 0261 – 91479675 oder info@kui-rlp.de informieren. Wir wünschen uns ein gutes Gelingen, vor allem eine gute, informative Gedenkfahrt. Ein Bericht über die Fahrt folgt später.
Erinnerung an deportierte Koblenzer Sinti- und Roma. Gedenktafel wird in der Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück eingeweiht.
Aus der PRESSEMELDUNGEN DER STADT KOBLENZ:
"Anlässlich des Europäischen Gedenktages an den Völkermord an den Sinti und Roma am 2. August wird in der Gedenkstätte Ravensbrück eine Gedenktafel für die nach Ravensbrück deportierten Sinti und Roma aus Koblenz eingeweiht.
Gestiftet wird das Erinnerungszeichen von der Stadt Koblenz und geht auf eine Initiative des Vereins „Kultur und Integration Rheinland-Pfalz e.V. (für Sinti und Roma und Menschen in Not)“ in Zusammenarbeit mit dem „Landesrat Deutscher Sinti&Roma RLP e.V.“ zurück. Gegründet wurde der Verein von dem Koblenzer Swing Musiker Django Heinrich Reinhard, der sich seit vielen Jahren für die Erinnerung an die nationalsozialistische Verfolgung der europäischen Sinti und Roma einsetzt. Er ist der Sohn von Daweli Reinhardt, der als 10jähriger nach Ravensbrück verschleppt wurde, hier Lagerläufer war und nach dem Krieg Mitbegründer des weltbekannten Schnuckenack-Reinhardt-Quintetts wurde.
Nach der Begrüßung durch Gedenkstättenleiterin Dr. Andrea Genest erinnerte Dr. Margit Theis-Scholz, Bildungs- und Kulturdezernentin der Stadt Koblenz, an die damalige Situation der in Koblenz lebenden Sinti und Roma, die schrecklichen Taten der Nationalsozialisten und betonte die Bedeutung dieses Tages mit Bezug zu gegenwärtigen Herausforderungen: „Ein solches Zeichen symbolisiert nicht nur die Erinnerung an die damaligen Gräueltaten, sondern steht auch für die Notwendigkeit der gesamtgesellschaftlichen Aufarbeitung der Verfolgung und Ermordung der Sinti und Roma. Es gilt, gegenwärtig und zukünftig alles dafür zu tun, jeglichen Diskriminierungstendenzen entschieden entgegenzutreten und für Anerkennung, gesellschaftliche Akzeptanz und einen respektvollen Umgang miteinander zu sorgen.“
Lara Raabe, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle Antiziganismus des Historischen Seminars der Universität Heidelberg, sprach über die Arbeit der Forschungsstelle, bevor Marlon Reinhardt vom Verein „Kultur und Integration RLP e.V.“ im Anschluss auf die persönliche Geschichte der Familie im Lager einging. Musikalisch begleitet wurde die Gedenkveranstaltung von Taylor Swing & Marlon Reinhardt, die ebenfalls aus der Musikerfamilie Reinhardt stammen.
Gedenkstättenleiterin Dr. Andrea Genest unterstich die Aktualität des Gedenktages: „Die Erinnerung an den nationalsozialistischen Völkermord an den europäischen Sinti und Roma ist besonders wichtig, weil das Leid vieler Angehöriger dieser Minderheit nicht mit dem Ende der NS-Herrschaft aufhörte. Es folgten Jahre des Kampfes um Anerkennung und Gleichberechtigung - ein Kampf, der bis heute währt. Deshalb muss das Gedenken an die Opfer auch mit dem Einsatz gegen die bis heute andauernde Diskriminierung verbunden sein.“
Am 2. August 1944 wurde das sogenannte „Zigeunerfamilienlager“ innerhalb des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau liquidiert. Die SS ermordete etwa 4.300 noch im Lager verbliebene Sinti und Roma. Mit dem letzten Transport, der in der Nacht Auschwitz verließ, wurden mehr als 1.000 Frauen, Männer und Kinder nach Ravensbrück deportiert, wo zwischen 1939 und 1945 mindestens 2.800 Sinti und Roma inhaftiert waren. Insgesamt wurden im besetzten Europa mehrere Hunderttausend Sinti und Roma in Konzentrationslagern oder durch Einsatzgruppen der SS ermordet. Seit 2015 ist der 2. August der Europäische Gedenktag für die Opfer des Porajmos, des Völkermordes an den europäischen Sinti und Roma in der Zeit des Nationalsozialismus."
+++Bild 1 (links): Gegen das Vergessen – gemeinsames Gedenken mit dem Brückenschlag von Koblenz nach Ravensbrück - Foto: Julia Gerberich, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück +++
+++Bild 2 (rechts): Dr. Margit Theis-Scholz betont die gesamtgesellschaftliche Aufgabe, weiter gegen Diskriminierung zu kämpfen - Foto: Julia Gerberich, Mahn- und Gedenkstätte Ravensbrück +++
Bilder oben
links: Gedenkstättenleiterin Dr. Andrea Genest;
Mitte: Lara Raabe, wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Forschungsstelle Antiziganismus des Historischen Seminars der Universität Heidelberg;
rechts: Marlon Reinhardt, 1. Vorsitzender Kultur und Integration Rheinland-Pfalz e. V.
Bilder Mitte
links: Marlon Reinhardt und Taylor Swing;
Mitte: die enthüllte Tafel - Dr. Theis-Scholz, Django Heinrich Reinhardt, Peter Loritz 2. Vorsitzender Landesrat Deutscher Sinti und Roma RLP e. V.
rechts: Kranz der Stadt Koblenz, gemeinsame Schale Kultur und Integration Rheinland-Pfalz e. V. und Landesrat Deutscher Sinti und Roma RLP e. V.
Bild unten: die Gedenktafel
Fotos privat